Der Süden der Südinsel und Milford Sound: Höhlenabenteuer und alpine Fjordlandschaft

Auf unserer Weiterreise stolperten wir auf der Suche nach einem Zeltplatz über Monkey Island, einem freien Zeltplatz am Meer. Für Micha war bei dem Namen klar, hier mussten wir bleiben. Wir parkten nur durch eine kleine Erhebung vom Strand getrennt mit prima Aussicht auf die Bucht und die vorgelagerte Insel. Es war sehr windig und wir durften den beeindruckenden Sprüngen eines Kite Surfers zuschauen. Dagegen war der Windsurfer weniger spektakulär unterwegs, aber bei dem heftigen Wind sicher kein Anfänger. Abends bei Ebbe war es dann so weit, Monkey Island konnte zu Fuß erreicht werden. Von hier hatten die Ureinwohner seinerzeit Ausschau nach Walen gehalten. Micha begegnete bei seiner Erkundung keinen Affen, insbesondere keinem mit drei Köpfen, die er aus dem gleichnamigen Computerspiel kannte, dafür war ein Geocache schnell gefunden.

Unser nächster Zeltplatz lag an der Clifden Suspension Bridge, einer alten eindrucksvollen Hängebrücke über den wahrscheinlich reißensten Fluss, den wir je gesehen haben. Das Schaukeln mit einer Baumschaukel, die zum Teil über den Fluss ging, war ein großer Spaß für uns alle. Jonathan war begeistert von den neugierigen Hühnern, die hier lebten und ganz nah ans Wohnmobil kamen.

Am nächsten Tag machte Micha sich auf zu einem Abenteuer der besonderen Art, die Begehung der Clifton Caves. Dieses ausgedehnte Höhlensystem kann zum Teil ohne Kletterausrüstung begangen werden. Vom ersten Eingang bis zum Ausgang (bis es nur noch mit Seilen weiter geht) sind es rund 60 Minuten. Spannend war auch, dass es am Tag zuvor geregnet hatte und auch an dem Tag selbst ein wenig, so dass wir vor Überflutung der Höhle Angst hatten. Das führte aber dazu, dass nur drei andere Touristen dort waren. Eine französische Touristin drehte direkt um, nachdem sie mit ihrem Handy nicht weiterkam und die andern beiden waren nur 10 Minuten von Eingang 1 bis Eingang 2 gegangen. So machte Micha sich alleine auf den Weg in die Dunkelheit. Mit dem bereitgestellten Helm vom Eingang ging es laufend, kriechend und zum Teil auch kletternd durch die Tropfsteinhöhle. Begleitet wurde Micha vom Geräusch tropfenden Wassers. Das Donnern eines unterirdischen Baches kam am Ende dazu. Gelegentlich gab es sogenannte Glühwürmchen, blau fluoreszierende Mückenlarven zu bestaunen. Kurz vor dem Ausgang war Micha mit der größten Herausforderung konfrontiert. Hier galt es einen tiefen See von 8 m Durchmesser auf einem überfluteten Simms zu überwinden. Micha war froh, dass das Wasser nicht zu kalt war, dass ihm von oben in die Bergschuhe lief, als er sich im Seitwärtsgang über das abschüssige Simms schob. Kein Wunder, dass uns andere erzählt hatten, hier wären alle umgekehrt. Ohne jahrelange Klettererfahrung wäre ich das wahrscheinlich auch, zu groß die Gefahr hier komplett baden zu gehen. Über ein paar Leitern ging es anschließend wieder nach draußen. Micha genoss das Sonnenlicht wieder und war überglücklich über sein Abenteuer. Barbara gönnte Micha die Freude an seinem Höhlenabenteuer, auch wenn sie zwischenzeitlich ein mulmiges Gefühl im Bauch verspürte, als es zu regnen begann, als Micha noch in der Höhle war.

In den Rakatu Wetlands machten wir einen schönen Spaziergang durch eine ausgedehnte Feuchtlandschaft vorbei an kleinen Seen und einem Fluss mit Blick auf die schneebedeckte Berge des Milford Sound Nationalparks. Das war das erste Mal, dass wir auf der Südinsel Schnee sahen.

Unser Ziel, Te Anau, als Ausgangspunkt zur Erkundung des Milford Sounds liegt malerisch am Lake Te Anau. Hier hat man durch die Ausdehnung des Sees und die Wellen wieder das Gefühl am Meer zu sein. Einzig die schneebedeckten Berge im Hintergrund passen dazu nicht ganz.

An dem Tag, an dem wir von Te Anau die Milford Road in Richtung Milford Sound fahren wollten, erfuhren wir auf unserem Campingplatz, dass die Straße wegen Lawinengefahr geschlossen sei. So gingen wir in Te Anau zum Touristen-Informationszentrum, um weitere Infos zur Straßenlage zu bekommen. Leider wurde die Sperrung dort nur bestätigt. Wir verbrachten den Regentag in Te Anau, gingen einkaufen, zum ersten Mal mit Jonathan in einem Café Mittagessen und bestellten ihm dort „salmon and hash browns“ und er aß von Papas Nudelgericht mit. Wir hatten uns gebratenen Lachs vorgestellt. Das Wort „smoked“ hatten wir wohl überlesen ;-). Er probierte alle neuen Geschmacksrichtungen aus und schaute recht zufrieden aus. So salzige Nahrung wird eine Ausnahme bleiben.

Da die Sonne rauskam, strichen wir unseren geplanten Kinobesuch mit einem Film über Milford Sound und spazierten stattdessen am See entlang. Nachmittags trafen wir unsere Reisebekannten, Silvie und Tom mit ihren zwei Söhnen auf unserem Campingplatz wieder. Wir gingen zusammen zum Spielplatz und ließen die Jungs sich austoben, während wir uns über weitere Reisepläne und unsere Erfahrungen zum Reisen mit Kindern austauschen konnten. Unsere Vorfreude auf Sauna und Whirlpool auf dem Campingplatz wurde leider nicht Realität, da wir keine Reservierung gemacht hatten… wie schade bei den kühlen Temperaturen. 

Am Abend überlegten wir nochmal verschiedene Szenarien zu unserem Besuch des Milford Sound Nationalparks – in der Hoffnung, dass morgen die Straße wieder offen wäre.  Neben all den DOC Campgrounds mit dem Prinzip „First Come, First serve“ gab es zwei Stellplätze auf der Milford Road, die reserviert werden konnten, einer davon war Gunns Camp. Barbara fragte per Mail, ob es für den nächsten Tag noch freie Kapazitäten gäbe und sagte, wir kämen, sobald die Straße offen sei. Daraufhin bekamen wir prompt die Antwort, dass wir einen Stellplatz bekommen könnten und problemlos bis zum Campingplatz fahren könnten. Diese Antwort machte uns stutzig. Wir waren bisher davon ausgegangen, dass die Straße direkt nach Te Anau gesperrt wäre, aber das passte nicht zur Info des Campingplatzes, der auf halber Strecke nach Milford Sound gelegen ist. Am nächsten Tag fragten wir dann am Infozentrum nochmal ganz konkret, ab wo die Straße gesperrt sei und ob wir bis Gunns Camp fahren könnten. Daraufhin hieß es: „Kein Problem, bis zum Campingplatz könnten wir fahren. Die Sperrung ist erst dahinter im Lawinengebiet“. Hmmm, wie lernten also, wie wichtig es in der Kommunikation ist, Fragen genau zu formulieren und Annahmen auszusprechen, um zu checken, ob Menschen die gleichen Bilder im Kopf haben ;-). Große Verbindung zum Coaching :-).

So machten wir uns voller Vorfreude auf den Weg und nutzen alle Aussichtspunkte auf der Milford Road, um zu stoppen, die Berglandschaft zu genießen und Fotos zu machen – wohlwissend, wir haben einen reservierten Stellplatz. Da die Busse nicht bis Milford Sound durchfahren konnten, war die Straße ziemlich leer.

Nachmittags erlebten wir einen wunderbaren Track „Key Summit Track“ (Teil der Great Walks Routeburn Tracks) vom Parkplatz „The Divide“, wozu uns unsere Reisebekannten inspiriert hatten. Nach einem anstrengenden Anstieg wurden wir mit atemberaubenden Blicken über schneebedeckte Berggipfel und einen Bergsee belohnt. Ganz oben angekommen hatten wir ein 360 Grad Bergpanorama um uns herum. Mega schön! Bei der ganzen Wanderung begleitete uns das Donnern von Lawinen oder deren Sprengung in den umliegenden Bergen.

Unser Campingplatz war nur noch 30min entfernt und dort erwartete uns ein charmanter, idyllischer Ort an einem Gletscherfluss mit einigen Wohnmobil-Stellplätzen und kleinen bunten Lodges. Er war liebevoll gestaltet mit allerhand Kuriositäten. Die Häuser wurden mit Holz beheizt und auch das Wasser damit erwärmt. Strom gab es nur, wenn der Dieselgenerator lief und Mobilfunknetz natürlich nicht. Wir fühlten uns in die Goldgräberzeit zurückversetzt und waren gespannt, was wir in den nächsten Tagen in dieser Gegend erleben würden. 

Am nächsten Morgen hieß es, dass die Straße zum Milford Sound nun wieder offen sei. Los ging‘s nach dem Motto: Lass uns schauen, was der Tag mit sich bringt ohne sich auf irgendwelche Pläne festzulegen. Das Wetter war mäßig, es regnete zum Teil und die Wolken hingen in den Bergen, was einen mystischen Eindruck hinterließ. Die Straße war super ausgebaut und führte durch schneebedeckte Berge und vorbei an einigen kleineren Wasserfällen. Am Straßenrand standen immer wieder Schilder, die vor Lawinen warnten und das Halten untersagten. Uns beruhigte, dass die Straße nur bei niedriger Lawinengefahr geöffnet wird. Beim ersten Aussichtspunkt bestellte sich Micha einen Espresso an einem Wagen und während er wartete, kamen zwei Keas, die hier heimisch sind, auf unser Dach und inspizierten die Befestigung der Markise und begannen mit der Demontage. Nachdem klatschen und Hupen nicht half, vertrieb sie nur das Wirbeln mit einer Jacke.

Beim Punkt „The Chasm“ erlebten wir einen sehr schönen kurzweiligen waldigen Wanderweg zu einem Wasserfall, der über Jahrhunderte wunderschöne Formationen in Stein geformt hat. 

Nun folgte der „Homer Tunnel“, ein alter, enger, von Hand gebauter, einspuriger Tunnel. Bei der spärlichen Beleuchtung und der Enge konnte man fast klaustrophobisch werden. Auf Höhe des Tunnels lag dann auch immer wieder Schnee am Straßenrand und wir konnten vermuten, wo es Lawinen gegeben hatte.

Wir hatten Glück einen kostenlosen Parkplatz vor Milford Sound zu finden und stärkten uns alle erstmal mit einem gemeinsamen Mittagessen, bevor wir zum Hafen starteten. Eigentlich bestand der Ort im Wesentlichen aus dem Hafen und ausgedehnten Parkplätzen für Busse und Autos. Was wir dann erlebten war extrem touristisch. Diverse Cruiseanbieter hatten ihre Verkaufsstände am Hafen nebeneinander und boten alle eine ähnliche Tour durch den Fjord an. Es wurde immer zwischen der Dauer, der Größe des Bootes, der bereitgestellten Führung und natürlich dem Preis unterschieden. Witzig, dass nachher die Boote fast Kolonne durch den Sound fuhren. Die meisten Touristen kamen in großen Bussen und wurden direkt auf die Boote verladen.

Das Wetter sah an dem Nachmittag regenfrei aus, was für die Gegend eine Seltenheit ist und so kauften wir uns spontan Tickets für die gleiche Cruise, die unsere Reisebekannten Tom und Silvie auch gebucht hatten. Beide waren extrem überrascht uns beim Einsteigen zu treffen. Die 2-stündige Fahrt durch den Milford Sound war ein schönes Naturerlebnis, wenn auch in einigen Reiseführern überbewertet. „Life changing“ war diese Cruise sicher nicht. Die Landschaft wirkte durch den leichten Nebel mystisch und die riesigen Felswände märchenartig. Wir fuhren an einige Wasserfälle so nah ran, dass wir nass wurden und eine kostenlose Wasserfalldusche nehmen konnten ;-). Jonathan verschlief Teile der Schifffahrt und so konnte Barbara den Ausblick voll genießen. Die See war sehr ruhig und es gab einige Robben auf Felsbänken zu beobachten. Nachdem der Hauptteil der Touristen zu ihren Bussen gerannt waren, genossen wir noch den Anblick des Hafens und der Schiffe. Nahe des Hafenbeckens sahen wir in unregelmäßigen Abständen Schwanzflossen auftauchen und vermuteten Delphine dahinter. 

Zurück an unserem Campingplatz ließen wir den erlebnisreichen Tag bei einem leckeren Steak mit Bratkartoffeln Revue passieren. Wir hatten eine prima Mischung als Planung und Spontanität gefunden, um das Beste aus unseren zwei Tagen im Milford Sound herauszuholen. Was für ein Glück, dass wir doch genauer nachgefragt hatten, ab wo die Straße gesperrt war. Micha machte noch eine kleine Nachtwanderung, um ausgeschilderte Glühwürmchen in der Nähe des Camps zu erkunden. Im Museum von Gunns Camp lernten wir, dass hier einst die Homer Tunnel Arbeiter in diesem Camp lebten. Alles in allem in sehr individuell, humorvoll und landschaftlich besonders schöner Platz zum Übernachten. 

Am nächsten Tag ging es zurück nach Te Anau, wo wir Fish and Chips zu Mittag aßen und Jonathan den schönen Spielplatz mit unserer Lieblings-Doppelschaukel nutzen konnte.